Wenn der Kiefer schief wächst: Asymmetrisches Kieferwachstum durch Zwangsabiss beheben
Beißt man ganz normal mit den Zähnen zusammen, haben die Zähne aufeinander links und rechts Kontakt. Bei manchen Patienten jedoch weicht der Unterkiefer nach links oder nach rechts aus. Dazu kommt es meist, wenn ein anderer Zahn einen störenden Vorkontakt verursacht und für den regulären Biss sozusagen „im Weg“ ist. Die Folgen eines dauerhaft untherapierten Zwangsbisses sind mitunter gravierend: Der Kiefer entwickelt sich schief. Und ebenso trifft es auch die Muskelstränge, die mit der Halswirbelsäule und letztendlich dem gesamten Bewegungsapparat zusammenhängen.
Wie entsteht ein Zwangsbiss zur Seite?
Ein Zahn oder auch nur ein kleiner Teil eines Zahns können zum Störfaktor werden, wenn sie den regulären Biss behindern. Betroffene versuchen, aufeinander zu beißen, spüren dann aber etwas anderes, das da eigentlich nicht hingehört. Dieser Vorkontakt bewirkt, dass die Patienten nach links oder rechts ausweichen und auf eine Seite rutschen, um zusammenbeißen zu können.
Eine weitere Ursache kann auch darin liegen, dass Unterkieferbreite und Oberkieferbreite nicht optimal zueinander passen. Möglich ist auch, dass einzelne Zähne etwas vom regulären Zahnbogen abweichen, sich also nicht so in die Zahnreihe einordnen wie sie sollten.
Eine asymmetrische Kieferfehlstellung entsteht, wenn die beiden Unterkieferhälften unterschiedlich beziehungsweise unterschiedlich stark wachsen. Der laterale Zwangsbiss festigt sich so immer mehr. Eine sogenannte Laterognatie entsteht: die Fehlstellung des Unterkiefers zur Seite.
Der schief gewachsene Kiefer – gravierende Folgen
Beißt ein Patient immer wieder schief zusammen, passt sich die Muskulatur und dadurch das knöcherne Wachstum im Laufe der Jugend daran an. Dr. Josef Sterz, unser Kieferorthopäde bei TaunaDent Oberursel erläutert: „Beißt ein Patient zum Beispiel immer wieder nach rechts, kann der Kiefer auf der linken Seite im Laufe der Zeit etwas größer werden. Dieses zwanghafte Bissmuster verursacht die knöcherne Fehlstellung.“ Die Folgen werden deutlich sichtbar: „Eine optische Konsequenz des Zwangsbisses ist häufig eine dauerhaft vorhandene Kinnabweichung, die sich mit der knöchernen Entwicklung der Betroffenen mit ergeben hat.“
Nicht zu unterschätzen ist auch die entsprechende muskuläre Entwicklung. Fehlstellungen des Kiefers machen sich sehr oft auch in schwerwiegenden Problemen der Kiefergelenke und der Halswirbelsäule bemerkbar. Die Muskelzüge entwickeln sich nicht gleich: Sie wirken sich negativ auf die Halswirbelsäule und letztendlich auf den gesamten Bewegungsapparat aus. Innerhalb des aktiven Wachstums gelingt der frühe Versuch, hier zu steuern und zu optimieren besser als beim Erwachsenen. Beim ausgewachsenen Betroffenen ist dies unter Umständen gar nicht mehr möglich.
Für freie Entfaltung des Kieferwachstums sorgen: Frühbehandlung des Zwangsbisses
Wichtig ist auch hier ein früher Start der KFO-Therapie. So erhält das betroffene Kind die Möglichkeit, eine kieferorthopädische Behandlung möglichst effektiv zu nutzen und kurz zu halten. Dr. Sterz behandelt manche Ausprägungen eines Zwangsbisses entsprechend bereits im Rahmen der Frühbehandlung beim Kind zwischen dem 4. und dem 9. Lebensjahr: „Die Zielsetzung dabei ist, dass der Körper sich früher oder später dann frei entfalten kann und der Kiefer aus eigener Kraft in die richtige Richtung wächst“, so Dr. Sterz.
Die Zahnspange bereitet den Weg genau dafür. Das Wachstum kann so ungehindert voranschreiten. Je nach Ausprägung reicht die Frühbehandlung schon aus. Bei ausgeprägteren Fällen des Zwangsbisses kann es jedoch auch vorkommen, dass weitere Maßnahmen im nächsten Schritt der Entwicklung nötig werden: Das ist dann in der Hauptbehandlungsphase in etwa ab dem 10. Lebensjahr.
Stört beispielsweise ein Milchzahn, kann hier der Störkontakt reduziert werden, wenn der Kieferorthopäde den Zahn etwas verkleinert. Bei bleibenden Zähnen wird in der Regel eher die Stellung des Zahns angepasst, um seine Substanz nicht weiter anzutasten. Dabei wird häufig eine herausnehmbare Zahnspange verwendet. So kann beispielsweise die Breite von Oberkiefer und Unterkiefer angepasst werden. Gegebenenfalls korrigiert die Zahnspange auch die Position eines einzelnen Zahns, sodass ein normaler Mundschluss möglich wird.